In diesem Beitrag gehe ich auf die verschiedenen Formen der Chemotherapien ein, die bei Hodenkrebs zum Einsatz kommen. Dazu sei gesagt, dass ich mich vorwiegend auf die Standardchemotherapien aus der Patientenleitlinie1 und insbesondere der S3-Leitlinie2 beziehe und weniger auf spezielle experimentelle oder ältere Formen der Chemotherapie eingehe. Ich selbst habe vier Zyklen PEB-Chemotherapie Ende des Jahres 2022 erhalten. Kurze Erfahrungsberichte aus dieser Zeit findest du unter den Überschriften „Persönliche Erfahrungen“. Eine längere Version meiner Erlebnisse in der Chemotherapie findest du in diesem Beitrag.
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Wichtige Informationen vorab
Ich bin weder Arzt noch besitze ich eine medizinische Ausbildung. Ich gebe an dieser Stelle nur eigene Erfahrungen und angelerntes Wissen aus unterschiedlichen, seriösen Quellen wieder. Diese Quellen markiere ich durch hochgestellte Fußnoten im Text. Beim Hovern über die Zahlen oder auch ganz unten in diesem Beitrag findest du dazu dann die entsprechenden Informationen zur Quelle selbst. Diese Seite kann das Gespräch mit deiner Ärztin oder deinem Arzt nicht ersetzen. Du findest hier jedoch zusätzliche Informationen und Hinweise, die dich im Arztgespräch und im Alltag unterstützen können.
Allgemeine Einführung Chemotherapie
Beim Vorhandensein von Metastasen, in manchen Fällen auch zur Vorbeugung (adjuvante Behandlung), ist eine Chemotherapie eines der Standardverfahren zur Bekämpfung von Tumoren. Das Prinzip der Chemotherapie ist es, Zellen zu zerstören, die sich schnell teilen, zu denen auch die Krebszellen gehören. Dazu werden Medikamente, sogenannte Zytostatika, eingesetzt, die in die Zellteilung eingreifen und so die Vermehrung rasch wachsender Zellen behindern. Da Hodenkrebs zu den schnell wachsenden Zellarten gehört, lässt sich dieser meist gut mit einer Chemotherapie behandeln.1
Da eine Chemotherapie jedoch im gesamten Körper wirkt und entsprechend auch gesunde Zellen trifft, sind auch schnell teilende Zellen des Körpers betroffen. Dazu gehören insbesondere Haut-, Haarwurzel-, Schleimhaut-, Spermien und blutbildende Zellen. Daher kommt es auch zu den bekannten Nebenwirkungen, wie Übelkeit oder Haarausfall, einer Chemotherapie, welche jedoch größtenteils nach der Behandlung wieder abklingen oder sich behandeln lassen. Allerdings kann es auch zu Langzeit- oder Spätfolgen kommen.1 Eine durchgehende Kontrolle während der Therapie ist somit unumgänglich. Mehr zu den Nebenwirkungen weiter unten in diesem Beitrag.
Jedoch bietet das Wirken der Chemotherapie im gesamten Körper auch einen großen Vorteil: Es können weit verstreute, vereinzelte Krebszellen erreicht werden, die mit anderen gängigen Verfahren zur Krebsbehandlung, wie einer Operation oder Strahlentherapie, nicht entfernt oder abgetötet werden können. Deshalb wird diese Therapieform trotz der umfangreichen Nebenwirkungen häufig von Onkologen empfohlen und ist nicht selten die einzige Möglichkeit, den Krebs vollständig zu vernichten.4
Im Allgemeinen werden alle Tumore durch eine Chemotherapie stark verkleinert oder sogar ausgemerzt. Jedoch kommt es nicht selten auch zu Rückfällen, wobei die Rezidive häufig gegen die zuvor verwendeten Medikamente und in manchen Fällen sogar anderen Medikamenten resistent geworden sind. Dies ist insofern erstaunlich, denn die eingesetzten Medikamente sind hochwirksame Zellgifte. Tatsächlich genügt es, wenn eine Krebszelle überlebt, damit ein neuer Tumor entstehen kann.4
Bei Hodenkrebs scheinen die eingesetzten Chemotherapien jedoch besonders wirkungsvoll zu sein, denn die Überlebensraten sind sehr hoch, wie ich im ersten Beitrag zu diesem Thema bereits erörtert hatte.
Chemotherapie bei Hodenkrebs
Bei einer Chemotherapie wird meist eine Kombination mehrere Wirkstoffe eingesetzt (Polychemotherapie). Es gibt jedoch bei Hodenkrebs auch eine sogenannte Monotherapie, bei der lediglich ein Wirkstoff eingesetzt wird. Die verschiedenen Möglichkeiten oder Arten der Chemotherapie bei Hodenkrebs schauen wir uns im Folgenden einmal an.
Carboplatin Monotherapie
Die Carboplatin Monotherapie wird in der Regel nur bei Seminomen im ersten Stadium unterstützend eingesetzt. Hierbei erhält der Patient nach der Entfernung des Hodens ein bis zwei Zyklen Carboplatin. Zwei Zyklen verringern dabei das Rezidivrisiko gegenüber einem Zyklus um etwa die Hälfte.2 Beispielhaft sei hier eine Studie genannt, bei der eine Carboplatin-Monotherapie (400 mg/m2) in 2 ambulant verteilten Infusionen in vierwöchigem Abstand, durchgeführt wurde. Von 39 Patienten mit einem Seminom in Stadium I erlitt lediglich einer einen Rückfall, der mittels einer Polychemotherapie (vier Zyklen PEB) behandelt wurde.5
PEB-Schema
Die Polychemotherapie bestehend aus Cis(P)latin, (E)toposid und (B)leomycin ist die wohl am häufigsten eingesetzte Form der Chemotherapie bei Hodenkrebs. Sie wird sowohl bei Seminomen als auch Nichtseminomen in den fortgeschrittenen Stadien II und III angewandt. Besonders erwähnenswert ist hier das Bleomycin. Es hat sich als sehr wirkungsvoll im Kampf gegen Hodenkrebs herausgestellt, führt jedoch bei vielen Patienten (bis zu 10 %) zu einer Lungenfibrose, die sogar tödlich enden kann (1–2 %). Lebenslang darf man daher niemals mehr als 400 mg Bleomycin verabreicht bekommen, was in etwa der Dosis von vier Zyklen PEB entspricht. Aus diesen Gründen wird bei einem Patienten mit bekannten Lungenproblemen, etwa einer Lungenentzündung, kein Bleomycin verabreicht und auf das PEI- oder das PE-Schema zurückgegriffen.2
Ein Zyklus PEB dauert 21 Tage, wobei die Chemomedikamente wie folgt verabreicht werden:6
- Cisplatin (20 mg/m2): Tag 1, 2, 3, 4, 5 als Kurzinfusion über eine Stunde
- Etoposid (100 mg/m2): Tag 1, 2, 3, 4, 5 als Kurzinfusion über eine Stunde
- Bleomycin (30 mg): Tag 1, 8, 15 als Kurzinfusion über 15 Minuten
Der PEB-Chemotherapie Zyklus ist hier auch noch einmal bildhaft dargestellt:
PEI-Schema
Falls bei einem Patienten Bedenken bezüglich der Gabe von Bleomycin bestehen, wird häufig auf das PEI-Schema zurückgegriffen. Hierbei wird das Bleomycin durch (I)fosfamid ausgetauscht. Zwar sind die Ergebnisse zwischen PEB- und PEI-Schema meist vergleichbar gut, jedoch schädigt das PEI-Schema das Blutsystem deutlich stärker. Daher wird auch empfohlen, Wachstumsfaktoren zur Bildung neuer weißer Blutkörperchen bereits vorbeugend zu verabreichen.2
Ein Zyklus PEI dauert 21 Tage, wobei die Chemomedikamente wie folgt verabreicht werden:6
- Cisplatin (20 mg/m2): Tag 1, 2, 3, 4, 5 als Kurzinfusion über eine Stunde
- Etoposid (75 mg/m2): Tag 1, 2, 3, 4, 5 als Kurzinfusion über eine Stunde
- Ifosfamid (1200 mg/m2): Tag 1, 2, 3, 4, 5 als Kurzinfusion über vier Stunden
PE-Schema
Seltener wird bei Problemen mit Bleomycin auch auf das PE-Schema zurückgegriffen, wobei das Bleomycin ersatzlos gestrichen wird. Um die gleiche Wirkungsweise zu erzielen, erhöht sich dann die Anzahl der Zyklen, zum Beispiel von drei auf vier Zyklen Chemotherapie. Drei Zyklen PEB- und vier Zyklen PE-Schema sind von den Ergebnissen her vergleichbar.2
Ein Zyklus PE dauert 21 Tage, wobei die Chemomedikamente genau wie beim PEB-Schema dosiert werden:6
- Cisplatin (20 mg/m2): Tag 1, 2, 3, 4, 5 als Kurzinfusion über eine Stunde
- Etoposid (100 mg/m2): Tag 1, 2, 3, 4, 5 als Kurzinfusion über eine Stunde
CE-Schema
Die Polychemotherapie bestehend aus (C)arboplatin und (E)toposid wird nur als Hochdosis-Chemotherapie angewendet. Bei einer Hochdosis-Chemotherapie werden die Medikamente in deutlich höheren Dosen verabreicht, diese findet überwiegend dann Anwendung, wenn der Krebs sehr weit fortgeschritten ist oder vorherige Therapieversuche gescheitert sind. Aufgrund der erhöhten Dosierung ist auch mit verstärkten Nebenwirkungen zu rechnen, sodass häufiger eine Stammzellentransplantation erforderlich ist. Dadurch ist der Patient auch wesentlich anfälliger für Infektionen, wodurch besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden müssen und ein mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt meist unumgänglich ist.1
Übersicht einzelner Chemomedikamente bei Hodenkrebs
Im Folgenden gebe ich einen Überblick über die oben genannten Chemomedikamente. Alle diese Stoffe haben zahlreiche Nebenwirkungen und sollten nur von fachkundigem Personal und unter Aufsicht verabreicht werden. Viele der genannten Nebenwirkungen können vorbeugend durch die Gabe von Medikamenten, Mineralstoffen und Kochsalzlösung vermindert oder ganz vermieden werden. Die meisten Nebenwirkungen werden auch nach einiger Zeit wieder ganz verschwinden. Jedoch ist es immer möglich, dass auch Langzeitschäden (Spätfolgen) auftreten können.
Cisplatin
Cisplatin reagiert mit der DNA einer Zelle und verhindert damit die DNA-Replikation, führt zu Strangabbrüchen und schließlich zum Zelltod. Es wird vor allem über die Niere ausgeschieden und hat eine Halbwertszeit von 1 bis 2 Tagen. Cisplatin kann die Niere schädigen, was primär durch die intravenöse Gabe von Flüssigkeiten vermieden wird. Es kann zur Schädigung der Nerven kommen, womit Tinnitus und Hochtonschwerhörigkeit, Sehstörungen, das Raynaud-Syndrom und periphere Neuropathie auftreten können. In vielen Fällen (70 %) führt die Gabe von Cisplatin auch zu Übelkeit und Erbrechen.8
Es gibt noch eine Reihe von weiteren Nebenwirkungen wie Knochenmarksinsuffizienz, Elektrolytverluste, ein mutagenes Risiko, Mukositis, Zahnfleischblutung, Haarausfall, Allergie und Leberfunktionsstörungen. Zudem können Hautnekrosen auftreten, wenn Cisplatin in das umgebende Gewebe eindringt.8
Carboplatin
Carboplatin besitzt ähnliche Eigenschaften wie Cisplatin. Genau wie Cisplatin reagiert es mit der DNA einer Zelle und verhindert damit die DNA-Replikation, führt zu Strangabbrüchen und schließlich zum Zelltod. Besonders stark wird das Blutsystem angegriffen, wodurch es zu einer Verringerung der Leukozyten und Thrombozyten kommt. Es tritt auch häufig Erbrechen auf, allerdings seltener als bei Cisplatin. Selten sind auch Nervenschädigungen und Nierenversagen möglich. Weitere Nebenwirkungen sind allergische Reaktionen, die Induktion von Zweittumoren und die Schädigung der DNA. Aus diesem Grund sollte man auch 6 Monate im Anschluss an eine Carboplatin Behandlung keine Kinder zeugen.10
Etoposid
Topoisomerase II ist ein Enzym, welches die Helix-Windungen der DNA auflockert oder löst und so deren räumliche Struktur ändern kann.12 Etoposid interagiert mit dieser DNA-Topoisomerase II und führt damit genau, wie die beiden oben genannten Platinmoleküle, zu Strangabbrüchen und zum Zelltod. Etoposid hat etwa eine Halbwertszeit von 8 Stunden im Körper, wobei die Ausscheidung bei Leber- und Niereninsuffizienz länger dauert. Alkoholkranken und Epileptikern müssen zudem bei einer PEB-Chemotherapie (evtl. auch bei anderen Varianten, ich habe dazu keine Quelle gefunden, sprechen Sie im Zweifel mit Ihrem/r Arzt/Ärztin) aufgrund des Alkoholgehalts von etwa 2 g in der Medikamentenlösung vorsichtig sein.13
Etoposid hat zahlreiche Nebenwirkungen, wobei insbesondere das Blutsystem betroffen ist und es kann eine Verringerung der Leukozyten, der Thrombozyten und/oder eine Anämie (Blutarmut) auftreten. Auch das Margen-Darmsystem wird angegriffen: Übelkeit und Erbrechen (30 %), Durchfall (2–10 %) und Appetitlosigkeit (10 %). Zudem kommt es häufig zu Haarausfall (60 %), auch Schleimhautentzündungen im Mund oder Zahnfleischbluten können vorkommen. Seltener sind Leberfunktionsstörungen (3 %), Leukämie (1 %, bei PEB), Veränderung der Keimzellen, Allergien bis zum anaphylaktischen Schock in (1–2 %) und einem erhöhten Harnsäurewert im Blut.13
Bleomycin
Bleomycin bindet sich spezifisch an die DNA und führt zu Strangabbrüchen und Zelltod. Spezifisch binden bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Bleomycin sich besonders stark an das Zielprotein in der DNA bindet und nur sehr schwach an andere Proteine. Bleomycin wirkt in hohen Konzentrationen als Endonuklease und spaltet die DNA. Es wird über die Niere abgebaut respektive ausgeschieden und hat zu Beginn eine Halbwertszeit von 24 Minuten, etwas später dann eine Halbwertszeit von zwei bis vier Stunden.15
Wie weiter oben bereits beschrieben, ist eine sorgsame Überwachung der Lunge bei der Gabe von Bleomycin unabdinglich. Es können Lungenentzündungen mit Fibrose auftreten, die sogar zum Tod führen können. Ein hohes Alter und vorherige Lungenerkrankungen sind hier bekannte Risikofaktoren. Weitere Nebenwirkungen von Bleomycin sind: Veränderungen der Nägel, Hautausschlag und -nekrosen, Haarausfall, Übelkeit und Erbrechen (selten), Durchfall, Appetitlosigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Schäden an den Blutgefäßen, Raynaud-Syndrom (selten), akuter Herzinfarkt (selten) und eine Mangeldurchblutung des Gehirns (selten).15
Ifosfamid
Ifosfamid wird im Körper bioaktiviert und die daraus entstandenen Moleküle interagieren über ihre Alkylgruppen (CnH2n+1) mit der DNA von Zellen. Dies führt zu Strangbrüchen und Quervernetzungen der DNA, was zu einer Verlangsamung der G2-Phase im Zellzyklus führt. Wie die anderen Medikamente hat die Gabe von Ifosfamid zahlreiche Nebenwirkungen. Wie weiter oben bereits beschrieben, wird insbesondere das Blutsystem sehr stark angegriffen. Es kommt zur Verminderung von Leukozyten, Thrombozyten, zu einer Anämie und zu einem Aussetzen der normalen Blutbildung im Knochenmark.17
Die im Folgenden genannten Nebenwirkungen treten in mehr als 10 % der Fälle auf: Schädigung des Zentralnervensystems, des Gehirns und der Nieren, Schläfrigkeit, Übelkeit/Erbrechen, Fieber, Haarausfall, Harnblasenentzündungen und Blut im Urin (sichtbar oder unsichtbar).17 Aufgrund dieser zahlreichen und zum Teil schwerwiegenderen Nebenwirkungen wird, wie oben bereits angemerkt, nach Möglichkeit versucht, Bleomycin in der Chemotherapie zu verabreichen.2
Persönliche Erfahrungen
Ich selbst habe vier Zyklen einer PEB-Chemotherapie erhalten. Dabei verbrachte ich bei jedem Zyklus von Tag 0 bis Tag 6 eines Zyklus stationär im Krankenhaus. Die beiden weiteren Bleomycingaben an Tag 8 und Tag 15 erfolgten dann ambulant. An Tag 0 wurde im Krankenhaus vor jedem Zyklus ein EKG und ein Lungenfunktionstest durchgeführt, da die Chemotherapie das Herz und die Lunge (insbesondere durch das Bleomycin) angreifen und schädigen kann. Anschließend wurde ich an zwei Infusiomaten angeschlossen, die für den gesamten einwöchigen Krankenhausaufenthalt Tag und Nacht durchliefen. Die Infusiomaten wurden lediglich für eine halbe Stunde am Tag entfernt, um sich frisch zu machen und um die Schläuche zu wechseln.
Den Behandlungsplan für einen Zyklus habe ich einmal hier tabellarisch dargestellt, wobei ich die eigentliche Gabe der Chemomedikamente dick markiert habe:
Tag 0 | Tag 1-5 | Tag 8 + 15 | ||
---|---|---|---|---|
Uhrzeit | Medikament | Uhrzeit | Medikament | Medikament |
12:00 - 24:00 | 1l Jono + 20KCL | 08:00 | 12mg Dexamethason in 100ml NaCl | |
24:00 - 04:00 | 500ml NaCl + 10ml Ca | 08:00 | Emend 125mg (Tag 1) bzw. 80mg (Tag 2-5) oral | |
04:00 - 09:00 | 500ml NaCl | 08:30 - 09:00 | Systemwechsel | |
09:00 - 10:00 | Etoposid 100mg/qm in 1000ml NaCl | |||
09:00 - 14:00 | 500ml Glucose 5% + 10 ml MgSo | Fenistil 4 mg iv | ||
13:30 | 8 mg Dexamethason in 100 ml NaCl (nur Tag 1) | 8 mg Dexamethason oral | ||
13:30 | Paracetamol 1 g oral (nur Tag 1) | Paracetamol 1 g oral | ||
14:00 - 14:15 | 30 mg Bleomycin in 100 ml NaCl 0,9% (nur Tag 1) | 30 mg Bleomycin in 100 ml NaCl 0,9% | ||
14:00 - 18:00 | 500 ml Glucose 5% + 10 ml Ca 10% | |||
18:00 | Fenistil 4 mg iv | |||
18:00 | 1 Amp. Granisetron 1 mg iv | |||
18:00 - 20:00 | 250ml Osmosteril 20% | |||
19:00 - 19:30 | Cisplatin 20 mg/qm in 250 ml NaCl 0,9% | |||
20:00 | Pantozol 40 oral | |||
20:00 - 02:00 | 1000 ml Jono + 20 mval KCl | |||
02:00 - 05:00 | 500 ml Glucose 5% + 10 mval KCl | |||
05:00 - 08:00 | 500 ml Glucose 5% + 10 mval KCl | |||
20:00 | Innohep (Thrombosespritze) gewichtsadaptiert s.c. | |||
3x täglich | Mundspülung und Ampho-Moronal Lsg. oder Tablette nach den Mahlzeiten |
Wie man sieht, erhält man neben den eigentlichen Chemomedikamente Cisplatin, Etoposid und Bleomycin eine ganze Reihe weitere Medikamente und Infusionen. Diese dienen hauptsächlich dazu, die zahlreichen Nebenwirkungen der Chemomedikamente abzufangen und eine schnellstmögliche Ausscheidung dieser zu ermöglichen. Angesichts dessen war auch eine ambulante Behandlung, wie ich sie in anderen Beiträgen gesehen habe, in meinem Falle gar nicht möglich. Dort wurden deutlich weniger schützende Infusionen verabreicht. Ich würde auch niemanden zu einer ambulanten Behandlung raten, auch wenn der Krankenhausaufenthalt sicher sehr unangenehm ist. Eine Chemotherapie ist wirklich kein Spaß und es ist besser, diese unter ständiger Aufsicht und mit so vielen schützende Infusionen wie möglich zu erhalten.
Einen Tag vor dem ersten Zyklus erhielt ich einen sogenannten Portkatheter, kurz Port, über den die Gabe der Medikamente deutlich vereinfacht vonstattenging. Dazu wurde mir in einer ca. halbstündigen Operation mit lokaler Betäubung eine Kammer mit einer Membran in die rechte Schulter eingesetzt. Mit der Kammer ist ein Katheter verbunden, der zum Herzen führt. Die Membran kann dann von außen eingestochen werden, wodurch die verabreichten Medikamente direkt Richtung Herzen strömen und im ganzen Körper verteilt werden. Das ist alles in allem deutlich angenehmer als ständig eine Nadel im Arm oder am Hals zu haben. Mehr Informationen zum Port findest du zum Beispiel hier bei Wikipedia oder in einem anderen Beitrag eines Hodenkrebspatienten.
Bei mir traten einige Nebenwirkungen auf, von denen ich allerdings keine als schwerwiegend bezeichnen würde. Ich hatte ab Ende des ersten Zyklus einen leichten Tinnitus, der zwar im Verlauf häufiger auftrat, aber nicht schlimmer wurde. Zudem bekam ich etwa ab Beginn des dritten Zyklus ein Kribbeln vorwiegend in den Händen, später auch manchmal leicht in den Füßen. Es war zum Teil recht unangenehm und konnte den Alltag massiv stören. Inzwischen sind der Tinnitus und das Kribbeln etwa 2,5 Monate nach der Therapie fast verschwunden. Wie bei weitestgehend allen Patienten fielen auch bei mir gegen Ende des ersten Zyklus die Haare aus, die jedoch etwa 6 Wochen nach Ende der Therapie wieder anfangen zu wachsen. Inzwischen wachsen sie genauso schnell und fast so zahlreich wie zuvor.
Allgemein fühlte ich mich natürlich öfter schlapp und einfach krank, was auch zu Konzentrationsstörungen führte. Insgesamt habe ich aber die Chemotherapie recht gut überstanden, wie ich finde. Am Ende traten noch zwei Infektionen und eine Grippeerkrankung auf, aber von denen erholte ich mich dank Antibiotika gut. Einen chronologischen Ablauf meiner Chemotherapie mit allen Widrigkeiten, Arztbesuchen usw. findet ihr in diesem Beitrag. Einen weiteren interessanten Beitrag findet ihr hier von jemandem, der ebenfalls vier Zyklen PEB-Chemotherapie durchstehen musste.
Falls ihr relativ weit von eurem behandelten Krankenhaus entfernt wohnt, könnte es sich für euch lohnen, eine Fahrkostenerstattung bei eurer Krankenkasse zu beantragen. Mein Anfahrtsweg betrug ca. 80 km, sodass sich die Sache für mich definitiv gelohnt hat. Informiert euch dazu am besten bei eurer Krankenkasse, bei mir ging das alles problemlos und relativ zügig vonstatten.
Weitere Informationen
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- Patientenleitlinie – Konsultationsfassung Hodenkrebs – Ein Ratgeber für Patienten, Juli 2021, Leitlinienprogramm Onkologie, zum PDF [↩] [↩] [↩] [↩]
- S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens, Langversion 1.1, Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und Deutschen Krebshilfe (DKH) Februar 2020, zum PDF [↩] [↩] [↩] [↩] [↩] [↩]
- Bildquelle: Anna Tarazevich, Link [↩]
- Krebszellen mögen keine Himbeeren, Prof. Dr. med. Richard Béliveau und Dr. med. Denis Gingras, 7. Auflage, April 2010 [↩] [↩]
- Carboplatin-Monotherapie bei Seminomen im Stadium I, Kratzik et al., Acta Chirurgica Austriaca volume 25, pages 27–28 (1993), zum Artikel [↩]
- Stadienabhängige Therapie von Seminomen nach Leitlinien, Dr. med. Dirk Manski, zum Artikel [↩] [↩] [↩]
- Bildquelle: Wikipedia, von Benrr101 – Eigenes Werk, Gemeinfrei, Link [↩]
- Cisplatin-Chemotherapie: Nebenwirkungen und Dosierung, Dr. med. Dirk Manski, zum Artikel [↩] [↩]
- Bildquelle: Wikipedia, von Ben Mills – Eigenes Werk, Gemeinfrei, Link [↩]
- Carboplatin-Chemotherapie: Wirkmechanismus, Nebenwirkungen und Dosierung, Dr. med. Dirk Manski, zum Artikel [↩]
- Bildquelle: Wikipedia, von Fvasconcellos – Eigenes Werk, Gemeinfrei, Link [↩]
- DocCheck Flexikon, Topoisomerase II, zum Artikel [↩]
- Etoposid: Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Dosierung, Dr. med. Dirk Manski, zum Artikel [↩] [↩]
- Bildquelle: Wikipedia, von Yikrazuul (Diskussion) – Eigenes Werk; doi:10.1039/B918106G, Gemeinfrei, Link [↩]
- Bleomycin: Nebenwirkungen und Dosierung bei Hodentumoren, Dr. med. Dirk Manski, zum Artikel. [↩] [↩]
- Bildquelle: Wikipedia, von Jürgen Martens – Jürgen Martens, Gemeinfrei, Link [↩]
- Gelbe Liste, Ifosfamid, zum Artikel [↩] [↩]